Geschichte

Geschichte des Männerchores „Feuchtes Eck"
im MGV Neuhausen/Filder 1851 e.V.

Die Entstehung des Feuchten Ecks geht auf das Jahr 1908 zurück. Damals sind junge Männer des Jahrgangs 1888 aus Neuhausen geschlossen zur Musterung nach Esslingen gefahren. Dieses Ereignis haben sie mit vierstimmigen Gesängen begleitet. Vor dem „Deutschen Haus" in Esslingen hat die Gruppe so gut gesungen, dass der Major wünschte, sie sollen nochmals singen. Das war die Urzelle des Feuchten Ecks. Über den Ursprung des Namens gibt es viele Geschichten und Anekdoten die allesamt schwer zu beweisen sind. Letztlich ist der Chor mit seinem eigenwilligen Namen ein Stück Neuhausener Originalität.

Schon während, vor allem aber nach ihrer Militärzeit haben die jungen Sänger das Singen nach der offiziellen Singstunde der „Eintracht" in den Wirtschaften weiter gepflegt. Häufig wurden Sie von den Gästen oder den Wirten dafür freigehalten. Die vorgetragene Literatur hat sich aus dem Liedschatz des Männergesangvereins „Eintracht" ergeben. Diese Gemeinschaft von jungen Sängern fühlte sich so verbunden, dass sie einen eigenen Vorstand wählten. Von 1911 bis 1913 führte Richard Haas, der spätere Ortsvorsteher, die Sängerschar als Vorstand an. Ab 1913, unter Vorstand Richard Rank, sind dann regelmäßige eigene Singstunden belegt.
Die Probezeit war sonntags von 15 Uhr bis 18.30 Uhr. Anschließend sind die bereits bestens bekannten Wirtschaftstouren gemacht worden und die Überlieferung berichtet, dass an manch einem Sonntag jede Neuhäuser Wirtschaft besucht wurde. Die Auftritte des Feuchten Ecks waren willkommene Abwechslungen und die Lokale waren stets mit Sangesfreunden überfüllt.

Nach dem ersten Weltkrieg hat das Feuchte Eck eine neue Blütezeit erfahren. Vorstand war Franz Beron und Dirigent der Lehrer Ottmar Kärcher. Trotz anfänglich wirtschaftlich schwerer Jahre hat das Feuchte Eck sein Fortbestehen bis zum zweiten Weltkrieg erhalten und erst durch die Kriegswirren die regelmäßigen Termine eingestellt.

Bald nach dem Krieg haben sich wieder junge Männer unter dem Dach des Feuchten Ecks getroffen und vorerst ohne eigene Singstunde nur Ausflüge veranstaltet. Diese mehrtägigen Reisen führten die Sänger zum Beispiel nach Pfronten, Oberammergau und ins Walsertal. Im Jahre 1953 verspürte man wieder den Drang nach eigener musikalischer Betätigung. Dazu hat man am 29. Dezember 1953 im Gashaus zur Linde wieder eine vereinsmäßige Struktur mit Vorstandschaft und Vizedirigent eingerichtet und fortan regelmäßige eigene Singstunden abgehalten. Unter Manfred Bauer und später Horst Eisele als Vorstand und Reinhold Beron als Vizedirigent nahm das Feuchte Eck eine vielbeachtete Entwicklung.

In den Folgejahren hat man neben der intensiven Chorarbeit auch in loser Folge gern Ausflüge und Reisen veranstaltet, wo meist die ganzen Sängerfamilien eingebunden waren. Lugano, Zirl-Innsbruck, Rohrdorf, Oberlauda, Opfingen (Südbaden), Tannheim, Sonderdorf (Allgäu), Kaisers, Pertisau seien nur exemplarisch für die vielen Destinationen genannt. Ab 1969 wird am Rosenmontag ein eigener Kappenabend, meist im Saalbau, veranstaltet. Eigene Grillfeste und die Teilnahme an der Bierwecketse mit einem Weinprobierstand standen auch auf der Agenda.

Die mindestens dreitägigen Jahresausflüge gehören seit 1968 zum festen Jahresprogramm. Diese sind erst 2005 durch Konzertreisen im Zweijahresrhythmus ersetzt worden. Die erste dieser Konzertreisen hat das Feuchte Eck nach Schweden in das Gebiet südlich von Stockholm geführt. In Verschiedenen Orten haben wir insgesamt vier Kirchenkonzerte gegeben. Dank einer hervorragenden Organisation und Vorbereitung waren die Konzerte meist ausgebucht und das Feuchte Eck konnte seine Zuhörer durch eine breite Vielfalt der dargebotenen Stücke überzeugen. Zwei Jahre später im Jahr 2007 führte die Konzertreise nach Kärnten. Neben einem Gottesdienst, einem anschließenden Kurzkonzert und einem Konzertabend in Kötschach-Mauthen ist von dieser Familien-Konzert-Reise vor allem eine Raftingtour herauszuheben. Leider konnte eine 2009 geplante USA-Reise nicht durchgeführt werden, da zu wenig Sänger diese Belastung auf sich nehmen konnten. Die Reihe von Ausflügen fand 2016 mit einer Reise in die Steiermark und 2018 in die Pfalz eine Fortsetzung.
Gerne sind die Sänger auch zu den Weinfesten nach Grantschen, Uhlbach und 2011 nach Uelversheim in Rheinhessen gereist, um dorthin neue Sangeskontakte aufzubauen und zu pflegen.

Selbstverständlich hat das Feuchte Eck stets die Konzerte und Veranstaltungen des Männergesangvereins unterstützt und ergänzt. Gern gepflegt werden auch die Verbindungen zu anderen Vereinen im Ort. Mit dem Harmonikaspielring wurden schon etliche gemeinsame Konzerte bestritten. Dabei hat man stets neben eigenen Darbietungen gemeinsam mit dem ersten Orchester des Harmonikaspielrings ein gemeinsames Stück dem Publikum präsentiert. Die Jubiläumsfeiern beim Spielmannszug der Bürgergarde und dem Kleintierzuchtverein, die Programmgestaltung beim Deutschlandpokal des Tischtennisverbandes unter der Leitung unseres ortsansässigen Tischtennisvereins oder die Blumenschmuckwettbewerbsveranstaltungen des Obst- und Gartenbauvereins sind weitere Kooperationen. Ein Highlight in der Konzertvita des Chores ist das Konzert zum Schillerjahr 2009 bei der Schillergesellschaft in Lorch. Hier wurde ein Programm geboten, das sich ausschließlich aus Titeln mit Schillertexten zusammengesetzt hat. Dieses Programm ist in Zusammenstellung und Sangesqualität ein Referenzauftritt für alle Männerchöre. Im Jahr 2011 hat sich der Chor zwei besonderen Aufgaben gestellt. Am gleichen Wochenende wurde bei der Chorvereinigung Vaihingen das Fauré-Requiem gesungen und in Neuhausen die Aufführungen des Theatervereins durch zwei Auftritte unterstütz. Auch 2013 war das Feuchte Eck Teil der Inszenierung des Theatervereins. Als herausragendes Erlebnis für die Sänger gilt auch ein geistliches Konzert in der Basilika zu Weingarten in einer Lock-Down-Pause im September 2020. Das Singen in dieser größten Barockkirche nördlich der Alpen berührte uns Sänger nachhaltig.

Daß das Feuchte Eck in den letzten Jahren am Morgen des „Heiligen Abends" in den Alters- und Pflegeheimen und Altenbegegnungsstätten sowie beim Öffnen des letzten Fensters des großen Neuhäuser Adventskalenders gesungen hat, entspringt einer langen Tradition. Schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden am Heiligen Abend kranke Sänger und Ehrensänger mit einem Ständchen erfreut. Auch im Ruiter Krankenhaus oder im Katharinenhospital in Stuttgart wurde immer wieder zur Freude der Patienten gesungen. Dieses adventliche Singen wurde ab 2008 durch ein eigenes Advents-Benefiz-Konzert ergänzt. Dieses Konzert findet regelmäßig statt und unterstützt unterschiedliche karitative Projekte in Neuhausen und unserer Region oder die Jugendarbeit im MGV. Für diese Konzerte und die verschiedensten Auftritte in der Adventszeit hat sich das Feuchte Eck ein beachtliches stehendes Advents- und Weihnachtsprogramm erarbeitet. Ein weiteres Standbein in der Adventszeit sind die Auftritte zum Stuttgarter Weihnachtsmarkt im Innenhof des Alten Schlosses und das Singen in den Neuhäuser Altenwohn- und -pflegeeinrichtungen am Heiligen Morgen. Ebenfalls zu einer schönen Tradition ist inzwischen die Mitgestaltung der Krippenandacht an der Krippe der Franziskanischen Gemeinschaft in der Liebfrauenkapelle geworden. Aus dieser Verbindung entstand ab 2012 jährlich im Oktober die Mitgestaltung der Marienandacht der Franziskanischen Gemeinschaft, wo wir zum Anlass passende Chöre vortragen.

Der hauptamtliche Dirigent und gleichzeitig Dirigent des Hauptvereins Ernst Gäckle stand als musikalischer Förderer der jungen Truppe ab 1954 bereit. Mit Ihm wurden in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts einige Rundfunkaufnahmen durchgeführt, 1965 und 1973 hat sich das Feuchte Eck sogar auf einer Schallplatte musikalisch verewigt. Den Dirigentenstab übernahm 1976 Herr Professor Hempel. Mit Ihm wurde die solide musikalische Basis organisch weiterentwickelt. Ab 1991 hat Ulrich Walddörfer das Amt des Feuchten-Eck-Dirigenten übernommen da Professor Hempel zeitgleich als Dirigent für den neugeschaffenen Frauenchor gebraucht wurde. Mit Ulrich Walddörfer hat sich das Repertoire deutlicher vom Männerchor des Vereins abgehoben. Auch die Vortragsart wurde frischer. Durch seine Berufung zum Chefdirigenten des Stuttgarter Liederkranzes blieb für sein Engagement beim Feuchten Eck keine freie Kapazität übrig, so dass 1995 Paul Theis das Amt des Dirigenten im Feuchten Eck übernahm. Seine Arbeit war geprägt durch ein sehr intensives sängerisches Arbeiten an den unterschiedlichsten Stücken.
Hier kam dem Feuchten Eck die Sängerausbildung von Paul Theis sehr zur Hilfe. Auch durch die Darbietung der unterschiedlichsten Literatur fanden immer wieder junge Sänger zum Feuchten Eck und haben dessen Bestand gesichert.

Seit 2004 ist nun Klaus Breuninger der Dirigent des Feuchten Ecks. Mit ihm wurde konsequent die eingeschlagene musikalische Richtung weiterverfolgt. Diese Reihe hochkarätiger professioneller Dirigenten ist mitunter ein Grund für die Leistungsfähigkeit des Chores.
Zwischenzeitlich gehören neben den traditionellen Männerchören auch internationale Volkslieder meist in Originalsprache, Evergreens-,
Schlager- und Popbearbeitungen zum Standardrepertoire des Feuchten Ecks.

Ein Schwerpunkt neben den bereits erwähnten Advents- und Weihnachtsliedern sind Weinlieder. Hier ist es in den letzten Jahren gelungen, ein sehr umfangreiches und abwechslungsreiches Repertoire aufzubauen. Neben vielen Klassikern kann man aus diesem Genre von uns auch manches Schmankerl hören. Im Juni 2012 konnte sich unser Publikum davon im Rahmen eines Weinabends ein Bild machen. Wir brachten die gesamte Bandbreite von Opern- und Operettenchören, über klassische Männerchöre und Originalkompositionen bis hin zu Schlagern rund um den Wein auf die Bühne. Dieses Konzert kann von der ganzen Welt auszugsweise auf Youtube nachgehört werden. Aufgrund des Erfolgs dieses Abends gab es in den Jahren 2014 bis 2017 vier Folgeveranstaltungen in diese Art. Zu jeder Veranstaltung besuchte uns die amtierende württembergische Weinkönigin oder Weinprinzessin. Doch auch dieses Format brauchte eine Weiterentwicklung, so daß wir ab 2018 als "Lage Nacht des Weins" ins Rennen gingen. Das Repertoire hat sich  weiterentwickelt. Neben den obligatorischen Weinliedern wird der größte Teil des Abends mit Schlager-, Rock- und Popbearbeitungen bestritten. Ein besonderes Highlight ist die Weincocktailbar, die eine weitere Facette des Weins aufzeigt. Im Jahr 2022 planen wir bereits die zehnte Wiederholung dieser Veranstaltungsreihe.

Die Entwicklung der letzten Jahre, dass man sich häufig auf Konzerten außerhalb der Gemeindegrenzen präsentiert, hat eine kritische Auseinandersetzung mit dem Namen des Chores erfordert. Insbesondere bei Kirchen- oder Weihnachtskonzerten ist der Name „Feuchtes Eck" schwer zu vermitteln. Dies hatte zur Folge, dass sich die Sänger im Januar 2012 vorübergehend dazu entschlossen haben, für auswärtige Auftritte den Namen „FEN-Kammerchor" zu führen, wobei das FEN für „Feuchtes Eck Neuhausen" steht. Diese Namensänderung hat leider nicht den gewünschten Effekt gezeigt, weswegen die Namensfrage zurückgestellt wurde. In Neuhausen und in Gemeinden wo man uns schon gut kennt bleibt der Name „Feuchtes Eck" neben unserer eigenen Art Männerchorliteratur aufzuführen unser Markenzeichen.

Bei einem geschichtlichen Rückblich dürfen auch die jüngsten Monate nicht fehlen, vor allem da sie durch die Corona-Pandemie geprägt waren. Mitten in die Vorbereitungen zur Langen Nacht des Weins 2020, dem Probenwochenende am 14. und 15. März, platzte das Verbot der Chorproben. Die Ansteckungsgefahr durch die verstärkte Absonderung von Aerosolen beim Singen war zu hoch. Nun mußten schnell Alternativen gefunden werden. Bereits zwei Wochen später hatten wir wöchentliche Online-Treffen organisiert die nach und nach auch zu Onlineproben weiterentwickelt wurden. Durch die Absage der Langen Nacht des Weins wollten wir unserem treuen Publikum eine Alternative bieten, was schließlich zu einem ersten Onlinekonzert am 09. Mai führte. Zu Beginn der Pandemie hätte niemand geglaubt, wie lange uns das Corona-Virus im Griff hat. Ein geplanter Konzertersatztermin am 10. Oktober mußte nach einer Entspannung der Beschränkungen doch wieder drei Tage vor dem geplanten Termin abgesagt werden. Auch das Adventskonzert 2020 mußte abgesagt werden. Mit vielen Ideen gespickt haben wir dafür einen Online-Adventskalender ins Netz gestellt, der auch mehrere tausend Klicks sammelte. Die Reihe der Konzertabsagen ging weiter. Auch 2021 mußte die Lange Nacht des Weins im Mai abgesagt werden. Aus dieser Situation ist ein Streamingkonzert im Juni 2021 entstanden, das wir live in der Egelseehalle aufgenommen und über das Internet in alle Welt ausgestrahlt haben. Im vierten Anlauf konnten wir dann am 30. Oktober wieder unter strengen Hygienemaßnahmen eine Lange Nacht des Weins durchführen. Das Publikum war dankbar, endlich wieder etwas Normalität vermittelt zu bekommen. Das Ende der Pandemie ist noch nicht in Sicht, aber wir werden uns auch weiterhin mit neuen Ideen auf geänderte Rahmenbedingungen einstellen.

Wer durch diesen Bericht oder unsere Auftritte Interesse am Singen in einem außergewöhnlichen Männerchor gefunden hat, ist als Sänger jederzeit herzlich willkommen. Die Stärke des Feuchten Ecks ist neben der musikalischen Leistungsfähigkeit auch der familiäre Zusammenhalt.
Das Feuchte Eck würde sich freuen, seine Musik auch in Zukunft mit neuen Sängern in seinen Reihen zur Freude der Zuhörer präsentieren zu können.